Peking Reijin-Syo – Auszüge aus dem Leben der Peking-Opernsänger

Peking Reijin-Syo ist ein etwas betagteres Manga von Sumeragi Natsuki. Da mir neulich im Buchladen die deutsche Version über den Weg gestolpert ist, habe ich meinen Manga wieder vorgekramt und möchte dazu ein paar Worte verlieren.

Das 1995 erschienene Manga von Sumeragi Natsuki (hier Autorenprofil Teil 1 und hier Autorenprofil Teil 2) erzählt, wie der Titel schon vermuten lässt (Rei, chin. Ling heißt Opernsänger), Geschichten rund um die Peking Oper, anhand einzelner Erlebnisse des Opernsängers und Frauendarstellers (Frauen werden wie beim Kabuki und früher im westlichen Theater von Männern dargestellt) Yang Luoxian. Er ist dabei weniger Protagonist denn eine Mischung aus stummer Zuschauer und Deus Ex Machina. Durch ein paar weise Worte im passenden Moment oder eine zündende Idee bringt er die vier sehr unterschiedlichen Kurzgeschichten zum Abschluss.

Wir befinden uns im China der 1920ger Jahre, eine Zeit in der alte Traditionen ein nicht immer reibungsloses Nebeneinander mit neuen Ideologien und modernem Denken führen. Paternalistische Erziehungsmethoden, arrangierte Ehen und Vielweiberei treffen in dieser Welt auf freies Denken, Liebeshochzeit und einen aufkeimenden Kommunismus. Die Darsteller wandeln in westlicher Kleidung durch traditionsreiche chinesische Prachtvillen.

Die Peking Oper feierte in dieser Zeit ihre zweite (und vorerst letzte) Blühtezeit, bevor der japanische Übergriff und der Kommunismus dem ganzen ein bitteres Ende bescherten. So durchziehen diesen Manga denn auch eine ästhetische Melancholie. Die verlorengegangene Welt des vormodernen Chinas wird weder beweint noch verteufelt. Sumeragi zeigt lediglich vorurteilsfrei, wie es in guten Kurzgeschichten üblich ist, das Geschehen. Dramatik und Action wird durch ruhige wie sensible Beoachtung ersetzt.

Den Zeichenstil von Sumeragi Natsuki beschreibe ich ja in ihrem Autorenprofil. Pekin Reijin-Syo ist hier ein Paradebeispiel vor allem für die Detailfülle ihrer Zeichnungen. Gerade die Bühnenszenen und Kostüme der Opernsänger werden liebevoll nachempfunden und laden dazu ein, die einzelnen Mangaseiten eher wie eine besonders kunstvolle Radierung oder einen Kupferstich zu betrachten.

Seltsam ist lediglich, dass sämtliche Charaktere westliche Augenlider und eher koreanich anmutende Gesichtsformen aufweisen. Nun ist es nicht so, als ob in China nicht auch derlei Menschen rumlaufen würden, doch die typischen Chinesen sind es nicht. Bei dem ansonsten hohen Grad an Realitätsnähe, verwundert das Einhalten der typischen Mangakonventionen hier ein wenig, auch wenn es mich nicht stört.

Peking Reijin-Syo beinhaltet vier Kurzgeschichten. Da das später erschiene Mangaband Jyojin-Syo in derselben kulturellen Umgebung spielt, wird es auch als Peking Reijin-Syo 2 gehandelt und ist in Deutschland auch unter diesem Titel erschienen. In Japan wurde Peking Reijin-Syo 2004 zusammen mit Jyojin-Syo in einem Sammelband im Bunko (Roman) Format zu einem Band zusammengefasst. Die vormals farbigen Illustrationen sind in den Sammelbänden (sowohl der B6, als auch der Bunko Ausgabe) ebenso wie in der deutschen Ausgabe nur in Schwarz-Weiß wiedergegeben. Ich würde mir von der Autorin offengestanden eher A5 formatige Luxusausgaben in Vollfarbe wünschen, aber man kann nicht alles haben.

Zur deutschen Veröffentlichung kann ich nicht viel sagen, da fünf Minuten stehend im Buchladen wohl nicht für ein Review ausreichen, doch ist der Druck, was die Farbgebung angeht mal wieder saumäßig (in Deutschland gibt es offenbar auch nicht wirklich besseres). Die chinesischen Worte (Sumeragi verwendet immer wieder chinesische Begriffe) sind einer deutschen Übersetzung gewichen. Dafür werden die Namen in anständigem Pinyin wiedergegeben, statt Katakana (die Schrecken eines jeden Fremdwortes). Hier der Link zu Ehapa.

Fazit: Mit Peking Reijin-Syo kann man nicht viel falsch machen, wobei Fans von Action und Slapstick natürlich nicht die Zielgruppe des Manga sind. Nachdenkliche Kurzgeschichten, die allen etwas erwachsenen Lesern und auch Iyashi-kei Otaku gefallen werden, stehen auf dem Programm. Wer sich an feinen japanischen Holzschnitten erfreut, der wird sich an Sumeragis Zeichnungen nicht satt sehen können.

Für Deutschleser ist Peking Reijin-Syo sowieso nun Pflichtprogramm. Wer des Japanischen mächtig ist, sollte sich auch noch die etwas späteren Werke der Zeichnerin anschaun.

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